Pressemeldung BUND für Umwelt und Naturschutz Hessen e.V. Kreisverband Frankfurt am Main vom 04.05.2021

Mobilitätswende mit regionaler Perspektive und gerecht zugeordneten Verkehrskosten vorantreiben

Der BUND Kreisverband Frankfurt freut sich über diesen Erfolg: Über 3.500 Radler nahmen am 2. Mai an der Sternfahrt zum Frankfurter Mainkai teil. Initiator war die von mehr als 20 Umweltgruppen und –vereinen unterstützte Initiative KlimaGerechtUnterwegs. Auf dem Mainkai wieder autofreien Lebensraum zu schaffen, das ist eines der Ziele, denen sich der BUND zusammen mit dieser Initiative im Rahmen der Mobilitätswende verschrieben hat.

Die Mobilitätswende ist ein Ziel in der Stadt Frankfurt und in die Region FrankfurtRheinMain, die vom Regionalverband (www.region-frankfurt.de) repräsentiert wird. Wir begrüßen, dass die Region zusammen mit 108 Kommunen aus sechs Landkreisen sowie den Städten Frankfurt und Offenbach in einem umfassenden Planungsprojekt an der Mobilitätswende arbeitet – mit Förderung der Europäischen Union im Rahmen der Aktion Sustainable Urban Mobility Plan (SUMP). Ziele dieses Projektes sind neben weiteren bis zum Jahr 2030:

  1. Verschiebung des modalen Verkehrssplits zugunsten des umweltgerechten Anteils: Der Verkehr verteilt sich derzeit zu 45% auf Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor und zu 55% auf umweltfreundliche Verkehre: zu Fuß, per Rad oder per ÖPNV. Bis 2030 soll der Kfz-Anteil auf 35% sinken, der umweltgerechte Anteil entsprechend auf 65% steigen.
  2. Die fußläufige Erreichbarkeit von ÖPNV-Haltepunkten binnen fünf Minuten.
  3. Ein flächendeckendes Radwegenetz, neue Radschnellwege, Ausbau multimodaler Orte zur Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger, Einrichtung weiterer Schnellbuslinien, weitere Park&Ride-Plätze vor den Großstädten und ggf. Urbane Seilbahnen.

Die Bedürfnisse von Wirtschaft, Menschen und Klimaschutz sollen harmonisiert, die verkehrsmindernde Ausbreitung von Heimarbeitsplätzen gefördert und die Umsetzung multimodaler Konzepte für die Dienstmobilität – anstatt bisheriger Dienstwagen-Flotten – soll verstärkt werden. Besonders in den Städten soll der Wirtschaftsverkehr gebündelt und zum Beispiel mit Ladezonen und Mikrodepots effizienter gestaltet werden. Die Orientierung am europäischen Rahmen hat anscheinend sehr zu dem umfassenden Zielkatalog zur Mobilitätswende der Region beigetragen.

Das Ziel einer 5-minütigen Zufuß-Entfernung zu ÖPNV-Haltepunkten schließt an das Förderprojekt „Frankfurter Bogen“ des Hessischen Wirtschaftsministers an, das den Wohnungsbau an Orten fördert, von denen aus der Frankfurter Hauptbahnhof per ÖPNV in 30 Minuten erreicht werden kann. Die davon begünstigten Gebiete werden mit dem regionalen ÖPNV-Ausbau automatisch immer größer.

Weitere notwendige Maßnahmen aus Sicht des BUND sind mehr Sharing-Angebote für Autos und Lastenräder, autonom fahrende Kleinbusse auf schwach frequentierten Linien sowie die Änderung des Mobilitätsverhaltens der Menschen. Cirka 400.000 Personen pendelten vor der Pandemie täglich nach Frankfurt. Mit den hier dargestellten Zielen könnten diese immense Zahl sowie der prozentuale Anteil des die Luft verschmutzenden motorisierten Individualverkehrs (MIV) deutlich reduziert werden.

Mobilitätswende fördern – Modale Verkehrskosten gerecht zuordnen

Der BUND fordert, für den motorisierten Individualverkehr eine verursachergerechte Kostendarstellung herbeizuführen, um so die versteckten Kosten insbesondere für Infrastrukturen und für die Abwehr von Umweltschäden aufzudecken – hier also Straßenbau, Instandhaltung sowie die Folgekosten der Luftverschmutzung (verbunden mit Lärm, Abgasen, Feinstaub). Heute werden solche Kosten indirekt auf alle Bürger*innen umgelegt.

Der Bericht des europäischen Projektes SIPTRAM (*), an dem auch der VCD mitgewirkt hat, zeigt dazu interessante Zahlenbeispiele: „Für Straßen lässt sich beispielsweise auf Grundlage der räumlichen und zeitlichen Flächeninanspruchnahme und dem Grad der Abnutzung ableiten, dass die Ausgaben zu 80 bis 90 Prozent dem Autoverkehr zuzuordnen sind, während der Anteil anderer Verkehrsmittel bei rund zehn Prozent liegt.“ Einer hier gezeigten Tabelle für zehn deutsche Städte zufolge ergibt sich ein Mittelwert für den Anteil ungedeckter Verkehrskosten in deutschen Städten von 30 %. Dresden liegt mit 14 % am unteren, Ludwigsburg mit 47 % am oberen Ende der Skala.

Wolf-Rüdiger Hansen vom BUND Kreisverband Frankfurt zieht daraus den Schluss: „Eine klare Kostenzuordnung würde den motorisierten Individualverkehr verteuern. Damit könnte mehr Budget in umweltgerechte Verkehrsinfrastrukturen gelenkt werden. Zur Finanzierung der Mobilitäts- und Klimawende ist es deswegen notwendig, die öffentlichen Haushalte so umzustrukturieren, dass Transparenz über die modalen Verkehrskosten hergestellt wird und diese endlich verursachergerecht zugeordnet werden können.“

Erstmal keine Fahrverbote wegen zu hoher Luftverunreinigung

„Die Luftqualität in Frankfurt hat sich in den vergangenen Monaten insgesamt positiv entwickelt, so dass ab 1. Juli 2021 keine Fahrverbote eingeführt werden müssen.“, sagte gestern die hessische Umweltministerin Priska Hinz. Rosemarie Heilig, die Frankfurter Umweltdezernentin, ergänzt selbstkritisch: „Unser städtisches Maßnahmenpaket, die Verdrängungseffekte durch saubere Neufahrzeuge und weniger Verkehr aufgrund der Corona-Pandemie haben die Belastung zwar gesenkt, doch wir müssen uns vorsehen. Für das dritte Quartal konnten wir Fahrverbote nun gerade so vermeiden, das soll auch in Zukunft so bleiben.“ Heilig verweist darauf, dass der „gleitende Jahresmittelwert“ für Stickstoffdioxid unter 41 μg/m3 liegen muss. In der Mainzer Landstraße (40,5 μg/m3), Am Erlenbruch II (38,7 μg/m3) und in der Battonstraße (37,8 μg/m3) waren die Werte noch ziemlich kritisch. Die Verringerung der Luftbelastung in Frankfurt muss also weiter deutlich sinken. Ein guter Grund, die Mobilitäswende in Frankfurt weiter mit Nachdruck voranzutreiben.

(*) Quelle: „Versteckte Kosten des städtischen Autoverkehrs – Öffentliche Gelder für den privaten Verkehr.“ (2005) Projektbericht (2005), entstanden im Rahmen des EU-Projektes SIPTRAM „Sustainability in the Public Urban Transport Market“ unter Mitwirkung des Verkehrsclub Deutschland (VCD) und des Städtenetzwerks ICLEI, Freiburg – www.iclei-europ.org.

Kontakt: Wolf-Rüdiger Hansen – Mitglied des Vorstands – BUND Kreisverband Frankfurt
Kasseler Str. 1a, 60486 Frankfurt – ruediger.hansen@bund-frankfurt.de – M: 0171 2257 520
geschaeftsstelle@bund-frankfurt.de – T: 069 979 489 68 – www.bund-frankfurt.de

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